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24.11.2023

Geschäftsführer haben (keinen) Kündigungsschutz bei einem Betriebsübergang?

Urteil zum Kündigungsverbot für GmbH-Geschäftsführer mit weitreichenden Folgen für Unternehmensinhaber und -Käufer.

Bislang galt, dass Geschäftsführer bei Betriebsübergängen keinen Kündigungsschutz genießen. Dies hat sich nun geändert, mit weitreichenden Folgen für Unternehmenseigner und -käufer.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun in einem von unserer Kanzlei geführten Verfahren zu diesem für die Praxis äußerst wichtigen Thema Stellung genommen. Bei einem Betriebsübergang geht das Arbeitsverhältnis eines angestellten GmbH-Geschäftsführers auf den Betriebserwerber über, wenn zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer ein Arbeitsvertrag besteht.

Worum ging es in dem Verfahren vor dem BAG?

Der Kläger wurde nach 13-jähriger Tätigkeit als Arbeitnehmer bei der beklagten GmbH zum Geschäftsführer bestellt. Ein Geschäftsführervertrag wurde weder schriftlich noch mündlich geschlossen. Im Jahr 2019 wurde die GmbH im Rahmen eines Insolvenzverfahrens verkauft. Kurz vor der Schlüsselübergabe an den Käufer kündigte der Insolvenzverwalter dem Geschäftsführer aus betrieblichen Gründen.

Der Geschäftsführer beantragte daraufhin gerichtlich die Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis auf den Betriebserwerber übergegangen sei und daher mit diesem unverändert fortbestehe. Zur Begründung berief er sich im Wesentlichen auf die gesetzliche Regelung des § 613a Abs. 4 BGB, wonach die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers wegen eines Betriebsübergangs unwirksam ist.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hatte die Klage des Geschäftsführers abgewiesen: Das Kündigungsverbot gem. § 613a Abs. 4 BGB gelte grundsätzlich nicht für Geschäftsführer einer GmbH. Dies sei auch unabhängig davon, ob der Geschäftsführer mit der Gesellschaft einen Arbeits- oder einen Dienstvertrag abgeschlossen habe.

Wie hat das BAG entschieden?

Das BAG hat nun in einem aktuellen Urteil vom 20.07.2023 (6 AZR 228/22) der Entscheidung des LAG Hamm widersprochen und klargestellt, dass bei einem Betriebsübergang zwar nicht die Organstellung, aber das Arbeitsverhältnis eines angestellten GmbH-Geschäftsführers auf den Betriebserwerber übergeht, wenn zwischen der GmbH und dem Geschäftsführer ein Arbeitsvertrag besteht.

Zur Begründung führte das BAG aus, dass die Vorschrift des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB und damit auch das Kündigungsverbot nach § 613a Abs. 4 BGB nach ihrem Wortlaut für alle „Arbeitsverhältnisse“ und damit auch für Geschäftsführerarbeitsverhältnisse gelte. Die Organstellung stehe dem nicht entgegen.

Was folgt hieraus für die Praxis?

Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung ist vor etwaigen Betriebsübergängen zwingend zu prüfen, ob die Bestellung eines Geschäftsführers bei dem bisherigen Inhaber auf einem Arbeitsverhältnis beruht. Ist dies der Fall, muss dies bei der Kaufpreisfindung berücksichtigt werden. Als Unternehmensinhaber oder Kaufinteressent sollten Sie prüfen, ob der Bestellung von Geschäftsführern ein Arbeits- oder Dienstvertrag zugrunde liegt. Eine Prüfung ist insbesondere dann erforderlich, wenn langjährig beschäftigte Mitarbeiter zu Geschäftsführern bestellt werden.

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