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09.01.2024

Digitalisierung Adé - VOB/B-Mängelrüge via WhatsApp nicht wirksam

OLG Frankfurt, Urteil vom 21.12.2023 15 U 211/21

Sachverhalt (vereinfacht)

Der Auftraggeber hatte den Auftragnehmer im Jahr 2012 unter Einbeziehung der VOB/B mit der Eindeckung einer Dachfläche beauftragt. Im Jahr 2014 zeigten sich Feuchtigkeitsprobleme im Bereich des Daches. Mit WhatsApp-Nachricht vom 28.6.2016 bat der Auftraggeber den Auftragnehmer, das Dach anzuschauen, da dieses immer noch lecke. Der Auftragnehmer sagte per WhatsApp zu („OK“) und besichtigte die Dachfläche am Folgetag. In der Berufungsinstanz begehrte der Auftraggeber Ersatz für die Kosten der Dachsanierung. Der Auftragnehmer berief sich auf die Einrede der Verjährung.

Die Begründung des Gerichts:

Das Oberlandesgerichts Frankfurt wies die Berufung der Beklagten wegen Verjährung zurück:

Bis zu dem Zeitpunkt der Begehung der Dachfläche durch den Auftragnehmer befanden sich die Parteien in Verhandlungen, wodurch die Verjährung gehemmt wurde. Dadurch, dass nach der Begehung der Dachfläche kein weiterer Austausch mehr erfolgte, seien die Verhandlungen eingeschlafen und zum 29.07.2016 als beendet anzusehen gewesen. Die WhatsApp-Nachricht vom 28.6.2016 führte nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist.

Zur rechtlichen Einordnung: Eine Gewährleistungsfrist kann sich um bis zu 2 Jahre verlängern, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer zur Beseitigung eines Mangels aufgefordert hat, § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B („Quasi-Neubeginn“ der Verjährung). Die Aufforderung muss schriftlich erfolgen. Da die VOB/B eine AGB und kein Gesetz darstellt, ist bezüglich der Schriftform nicht § 126 BGB, sondern § 127 BGB („Vereinbarte Form“) maßgeblich. Gem. § 127 Abs. 2 BGB genügt zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten Schriftform eine „telekommunikative Übermittlung“.

Das OLG Frankfurt ist der Ansicht, dass eine Erklärung mittels WhatsApp-Nachricht keine „telekommunikative Übermittlung“ i.S.d. § 127 Abs. 2 BGB darstelle. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es zur telekommunikativen Übermittlung einer Erklärung bedürfe, die in gleicher Art wie ein Schriftstück in einer die Übergabe eines Schriftstückes ersetzenden Art an den Erklärungsempfänger übermittelt werde. Es müsse erkennbar sein, von wem die Erklärung abgegeben worden sei und der Empfänger müsse in der Lage sein, das Schriftstück auszudrucken oder abzuspeichern. All diese Voraussetzungen erfülle eine WhatsApp-Nachrichten nicht.

Messenger-Dienste generell würden lediglich zum Austausch rein privater Nachrichten und gerade nicht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen verwendet und gewähren nicht die notwendige Warnfunktion. Der Absender der WhatsApp-Nachrichten sei – im Gegensatz zu einer E-Mail – auch nicht erkennbar und die Nachrichten könnten nicht gelöscht werden. Mangels Schriftform habe die WhatsApp-Nachricht vom 28.06.2016 somit keinen Quasi-Neubeginn der Verjährung ausgelöst.

Meinung:

Die Begründung des OLG vermag nicht vollends überzeugen. Denn nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/4987, 20 f.) liegt eine telekommunikative Übermittlung der Erklärung gem. § 127 BGB vor, wenn diese nicht rein sprachlich erfolgte, sondern lesbar ist und im Wege der digitalen Datenübermittlung erfolgte. Diese Voraussetzungen erfüllt eine WhatsApp-Nachricht. Eine WhatsApp-Nachricht kann auch als Textdatei heruntergeladen und ausgedruckt werden, zumal WhatsApp selbstverständlich auch rein geschäftlich verwendet werden kann. Auch der gerichtliche Vergleich mit E-Mails hinkt. Denn auch der Absender von E-Mails ist nicht unmittelbar erkennbar, zumal E-Mails ebenso gelöscht werden können.

Dass diese Entscheidung von erheblicher Relevanz für die Praxis ist, liegt auf der Hand. Bei der Kommunikation via Messenger zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer - insbesondere über Mängel – ist daher Vorsicht geboten. Die Konsequenzen können – wie im vorliegenden Fall - verheerend sein.

Sollten Sie nähere Fragen zu Formerfordernissen, insbesondere bei einer Mängelrüge haben, stehen wir Ihnen mit unserem Baurechtsteam von ALPMANN FRÖHLICH gerne zur Verfügung.

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