Aktuelles
20.04.2020

Versicherungsschutz bei COVID-19

Die wichtigsten Fragen und Antworten

Die von Bund und Ländern beschlossenen Sofortmaßnahmen zur Verhütung der Weiterverbreitung von Corona-Infektionen haben in den vergangenen Wochen zur Schließung vieler Betriebe geführt. Diejenigen Unternehmen, die nicht von einer Schließung betroffen sind, dürfen Ihren Betrieb nur unter Beachtung strenger Auflagen aufrechterhalten. Die auferlegten Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung führen nicht selten zu erheblichen finanziellen Problemen für jedes einzelne Unternehmen. Selbst große Konzerne wie Adidas oder Deichmann bekommen die Auswirkungen zu spüren. Zur Unterstützung von Kleinstunternehmen, Soloselbstständigen und Freiberufler hat die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Finanzen am 27.03.2020 ein Hilfsprogramm verabschiedet. Doch was ist, wenn mein Unternehmen nicht die Voraussetzungen dieser Soforthilfe erfüllt? Gibt es andere Institutionen, bei denen ich eine Entschädigung – nicht nur einen Kredit - für meinen finanziellen Schaden erhalte? Bin ich denn nicht versichert?

Nachfolgend die wichtigsten Fragen und Antworten:

Ich muss meinen Betrieb schließen. Das führt zu einem Ertragsausfall. Übernimmt meine Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherung meinen Schaden?

Haftpflichtversicherer sind bei einem Schaden im eigenen Unternehmen in der Regel nicht der richtige Ansprechpartner. Der Berufs- und Betriebshaftpflichtversicherer unterstützt Sie, wenn Sie einem Dritten im Zusammenhang mit dem versicherten Betrieb/Beruf einen Schaden zufügen und dieser Dritte Sie auf Schadensersatz in Anspruch nimmt. Können Sie Ihren Betrieb aufgrund einer behördlichen Schließungsanordnung vorübergehend nicht führen, entsteht in der Regel kein haftpflichtversicherungsrelevanter Drittschaden.

Neben der Haftpflichtversicherung habe ich eine Betriebsunterbrechungsversicherung. Steht diese für meinen Ertragsausfallschaden ein?

Betriebsunterbrechungsversicherungen sind häufig als Sachversicherungen aufgebaut. Mit ihr werden regelmäßig vorrangig die eigene Betriebsstätte, Betriebseinrichtungen, Warenbestände oder andere im Betrieb relevante Sachen gegen Zerstörung oder sonstige Beeinträchtigung versichert. Zwar sehen diese Betriebsunterbrechungsversicherungen häufig eine Deckung für einen

Vermögensschaden, wozu auch der Ertragsausfall zählt, vor. Allerdings werden Vermögensschäden in der Regel nur dann erfasst, wenn sie auf einem Sachschaden beruhen.

Kann der Betrieb z.B. aufgrund eines Brand- oder Wasserschadens am Gebäude oder der Betriebseinrichtung vorübergehend nicht aufrechterhalten werden, wäre dieser weitergehende Schaden vom Versicherungsschutz umfasst.

Gibt es Versicherungen, die für den Ertragsausfall einstehen?

Neben den o.g. auf Basis einer Sachversicherung geführten Betriebsunterbrechungsversicherungen gibt es spezielle, sachschadenunabhängige Betriebsschließungs- oder Betriebsausfallversicherungen. Gleichwohl gilt es hier zu beachten:

Teilweise sichern diese unvorhersehbare Betriebsausfälle zwar ohne konkreten Sachbezug ab, allerdings bedienen sich die Versicherer häufig eines Negativkatalogs mit nichtversicherten Ereignissen. Bei diesen Verträgen ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Versicherer einstandspflichtig ist.

Teilweise sehen diese Versicherungen Leistungen auch lediglich für den Fall vor, dass die zuständige Behörde den Betrieb aufgrund des Infektionsschutzgesetzes beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger schließt oder Tätigkeitsverbote für Mitarbeiter ausspricht.

Ich habe eine Betriebsschließungsversicherung bei Schäden infolge Infektionsgefahr abgeschlossen. Der Versicherer weigert sich, Leistungen zu erbringen, da COVID-19 nicht ausdrücklich im Vertrag erwähnt wird. Zu Recht?

Ob der Versicherer Leistungen erbringen muss, hängt von der konkreten Ausformulierung der Bedingungen ab. Ist ein Verweis auf die jeweils gültige Fassung des Infektionsschutzgesetzes enthalten, spricht einiges für eine Leistungspflicht des Versicherers. Findet sich in den Bedingungen eine abschließende Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern, kommt es darauf an, ob sich zusätzlich sog. Öffnungsklauseln hinsichtlich weiterer Erkrankungen finden.

Kann ich heute noch eine Betriebsschließungs-/Betriebsausfallversicherung abschließen, mit der ich mich gegen die Corona-Pandemie absichern kann?

Voraussetzung der Leistungspflicht des Versicherers ist, dass ein versicherter Schaden in versicherter Zeit entsteht. Der Versicherungsschutz beginnt regelmäßig erst mit Abschluss bzw. mit Policierung des Vertrages. Regelmäßig ist nur ein nach dem so festgelegten Ver-sicherungsbeginn eintretendes Ereignis abdeckt. Wenn Sie sich ab sofort mit einer Police vor Epidemien schützen, schafft das für die derzeitige oder eine etwaige zukünftige Notlage, die aber auf die aktuelle Corona-Pandemie zurückzuführen ist, keine Abhilfe mehr. Denn für den aktuellen Ausbruch gilt eine jetzt abgeschlossene Versicherung nicht mehr. So greift der Versicherungsschutz einer jetzt abgeschlossenen Versicherung nicht, wenn Sie bspw. den Betrieb schon vor Abschluss des Vertrages einstellen mussten, weil der Schaden bereits in vorversicherter Zeit angelegt war, selbst wenn die Betriebsschließung über den Tag des Vertragsschlusses hinausgeht.

Ich unterhalte eine Rechtsschutzversicherung, die auch den betrieblichen Bereich abdeckt. Übernimmt sie die Beratungskosten, die bei der Prüfung der Einstands-pflicht meines Versicherers entstehen?

Ob der Rechtschutzversicherer Beratungskosten übernimmt, hängt davon ab, wie der Rechtsschutzversicherungsvertrag ausgestaltet ist. Entscheidend ist die Abdeckung des Bausteins „Vertragsrechtsschutz im unternehmerischen Bereich“. Ob der Versicherer auch für ein individuell mit dem beratenden Anwalt vereinbartes Honorar einsteht oder Kosten anteilig in Höhe der gesetzlichen Gebühren übernimmt, hängt ebenfalls von der konkreten Ausgestaltung Ihres Vertrages ab. Eine Anfrage zu Beginn der Beratung gibt Ihnen hier Sicherheit.

Ich habe keine Betriebsschließungsversicherung, obwohl bei der Art meines Betriebes der Abschluss einer solchen angezeigt gewesen wäre. Kann ich mich anderweitig schadlos halten?

Arbeiten Sie in Versicherungsfragen mit einem Makler zusammen und hätte es nahe gelegen, bei der Ausgestaltung Ihres Betriebes eine Absicherung gegen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz vorzuhalten, kommen Schadensersatzansprüche gegen den beratenden Makler in Betracht, wenn er Sie nicht über die Möglichkeit eines solchen Vertragsschlusses beraten hat.

Schadensersatzansprüche kommen auch gegenüber Ihrem Geschäftsführer in Betracht, wenn ein „ordentlicher Geschäftsmann“ aufgrund der Ausgestaltung Ihres Betriebes einen Betriebsschließungsversicherungsvertrag abgeschlossen hätte. Für das Versäumnis Ihres Geschäftsführers tritt ggf. der D&O-Versicherer ein.

An welche Versicherung sollte ich sonst noch denken?

Ist nicht nur Ihr Unternehmen, sondern auch das Ihrer Vertragspartner von der aktuellen Situation betroffen und muss einer Ihrer Vertragspartner aufgrund von Absatz- oder Liquiditätsproblemen Insolvenz anmelden, können Sie einen mit der Insolvenz des Vertrags-partners einhergehenden Ausfall Ihrem Kredit- oder Forderungsausfallversicherer melden. Der Kredit- oder Forderungsausfallversicherer gleicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Ihre offene Forderung gegen den insolventen Vertragspartner aus und übernimmt das Risiko, im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vertragspartners nur mit einer Quote beteiligt zu werden.

Zum Schluss ein Hinweis: Die rechtlichen Fallgestaltungen sind so vielfältig, dass diese Mandanteninformation nicht alle Fragen umfassend betrachten kann. Maßgeblich ist jeweils der Einzelfall. Die Information ersetzt nicht die individuelle Beratung. Alle Informationen sind ohne Gewähr nach bestem Wissen zusammengestellt. Gerne geben wir mehr Antworten.

ALPMANN FRÖHLICH Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Practice Group Versicherungsrecht:

Katja Ewers, Dr. Axel Lehrke, Dr. Christian Stolze
Rechtsanwälte